1. Einleitung
Diese vier Begriffe sind häufig gebraucht - jedoch nicht immer klar definiert. In Schulen, bei Unternehmen, bei politischen Diskussionen und im Internet liest und hört man immer wieder davon. Wie kann man die Begriffe gegeneinander abgrenzen, was versteckt sich dahinter, wo sind Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten. Wie sind sie geschichtlichen gewachsen und wieweit ist die Pädagogik Bestandteil davon?
Diese Fragen möchte ich nachgehen um Ihnen Klarheit über die einzelnen Bedeutungen zu geben. Ich möchte dazu beitragen, dass Sie in Ihrer Arbeit für Ihre Schülerinnen und Schüler klar verständlich sind und Missverständnisse nicht aufkommen können.
Zuerst möchte ich drei der Begriffe erläutern, die im Fokus ihres Ansatzes einen zentralen Punkt haben – die Beziehung zur Natur und zur Erde. Ich möchte in den nächsten Kapiteln die Umweltbildung, Naturpädagogik und Wildnispädagogik vorstellen.
Unser Planet Erde ist ein wunderschöner Ort zum Leben und unser einziger Ort zum Leben. In Jahrmilliarden der Existenz dieses Planeten haben sich durch unterschiedliche evolutionäre Faktoren die heute lebende Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Sie prägen das Bild im Wasser und auf dem Land. Durch sie wurde die erstmals unfruchtbare Lava fruchtbar und viele Lebensformen konnten sich entwickeln. Es sind Spezialisten entstanden, die angepasst auf ökologische Nischen sind und es sind Generalisten entstanden, die mit unterschiedlichen Lebensräumen zurechtkommen.
Einer der Generalisten ist der Mensch. In seiner Entwicklungsgeschichte war er zuerst ganz eng mit der Natur verbunden und hat, wie es der zivilisatorische Mensch beschreiben würde, sich durch die Jagd und das Sammeln ernährt. Der damalige Mensch war Teil der Natur und der natürlichen Kreisläufe. Jedoch hat der Mensch die geniale Fähigkeit, durch Verstehen und mit Hilfe der Kreativität Einfluss auf die Gestaltung der Erde zu nehmen. So veränderte er aktiv die Natur und griff in die ökologischen Kreisläufe ein – er züchtete neue Tier- und Pflanzenarten, wurde vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern, entwickelte neue technische Hilfsgeräte und vermehrte sich stark.Heutzutage spricht man von Anthropozän - was soviel heißt, wie der Mensch gestaltet die Erde. Und im Laufe der Zeit hat sich der industrialisierte Mensch immer mehr von der Natur entfernt und abgekoppelt.
In der Lebenswirklichkeit des modernen Menschen ist das „getrennt sein“ von der Natur Realität geworden – sie leben in geheizten Häusern und Büros, bewegen sich in Autos fort und haben nur noch in der Freizeit, als Ressource für Lebensmittel oder als Kulisse für Ausflüge Kontakt mit der Natur. Ob es regnet oder draußen die Sonne scheint, nehmen die meisten Menschen durch das Fenster oder auf dem Weg von zu Hause in die Arbeit wahr.
Solche Entfremdung von der Natur führte und führt zu den Problemen, die unsere jetzigen Generationen herausfordern, Lösungen zu finden. Die Schlagworte „Klimaerwärmung“, „Treibhausgase“, „Artensterben“ und „Überbevölkerung mit Nahrungsmittelknappheit“ sind seit ca. den 70ger Jahren in der Öffentlichkeit immer präsenter geworden und bestimmen heute sogar die politischen Entscheidungen. Aus diesen Diskussionen heraus, haben sich unterschiedliche Bildungsansätze mit dem Schwerpunkt Natur, Mensch und Umwelt herausgebildet.
2. Umweltbildung
Die Umweltbildung ist ein in den 70ger Jahren entstandener Bildungsansatz, der den Fokus auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit den natürlichen Ressourcen (Erde, Wasser, Luft) und der Umwelt hat. Dieser Begriff beinhaltet Umwelt und Bildung. An der Gestaltung des Bildungsansatzes waren wesentlich die Umweltbewegungen beteiligt. In dieser Zeit war in der Schule und Erwachsenenbildung das vermitteln von Wissen und Fakten dominierend, dass prägend für diesen Bildungsansatz war.
In den 80ger Jahren erweiterte sich dieser Bereich der Umweltbildung auf Ansätze mit unterschiedlichen Ausrichtungen und Zielsetzungen. So entstand die Natur- und Umweltpädagogik, die Umwelterziehung, die Ökopädagogik und die Naturpädagogik. Hier findet das Vermitteln von Fakten und Wissen auf unterschiedliche Arten statt – mal mehr, mal weniger handlungsorientiert.
In allen Lebensbereichen lassen sich Umweltbildungsakteure finden – sei es in der frühkindlichen Erziehung, in der Schule oder Hochschule, in der beruflichen oder politischen Bildung.
2.1. Bildung für nachhaltige Entwicklung
Nach der Agenda 21 der Weltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 entwickelte sich die Umweltbildung international immer mehr in Richtung der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Die vereinten Nationen haben in 40 Kapiteln der Agenda 21 beschlossen, umwelt- und entwicklungspolitische Aufgaben in einer groß angelegten globalen Strategie gemeinsam anzupacken.
Heutzutage ist die BNE das Leitbild der Umweltbildung und bezieht sich auf die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales. Vor einigen Jahren sind noch die Bereiche Politik/Partizipation und Kultur integriert worden.
In der 2005 gestarteten UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ wurde offensichtlich, dass in allen Lebensbereichen des Menschen der Aspekt Umwelt und Nachhaltigkeit (sustainable development) integriert werden soll und auch wird. Wie wichtig das Thema Umwelt aktuell geworden ist, zeigt sich auf den internationalen Klimakonferenzen, die jährlich in unterschiedlichen Orten der Welt stattfinden. Hier ringen Politiker um ein nachhaltiges Wirtschaftskonzept und versuchen, gemeinsame Aktionen und Handlungsanweisungen zu formulieren und zu beschließen.
Bundesweite Erhebungen im Jahre 2002 von der Bevölkerung zum Begriff „Nachhaltigkeit“ offenbaren jedoch, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ in Bezug auf Umwelt und Ressourcen nur ca. 28% der deutschen Bevölkerung bekannt ist. Im Jahre 2010 sind es bundesweit 43%. ( https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169428/umfrage/bekanntheit-des-begriffs-nachhaltige-entwicklung/ )
2.2. Ursprung des Begriff Nachhaltigkeit
Ursprünglich stammt diese Bezeichnung aus der Forstwirtschaft. Hans Carl von Carlowitz hat 1713 in seinem Werk Silvicultura oeconomica den Begriff Nachhaltigkeit für eine ressourcenorientierte Wald - Wirtschaftsweise geprägt. Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip, dass für natürliche Systeme (damals Wald) die Regenerationsfähigkeit, Stabilität und Bewahrung der wesentlichen Eigenschaften im Fokus hat.
2.3. Umweltbildung aktuell
In Deutschland gibt es bundesweit etwas mehr als 4.600 stationäre Umweltbildungseinrichtungen, die durch rund 30 Umweltmobile und ganz viele freiberufliche Umweltpädagogen bereichert werden.
Seit neuestem ist dieses Thema auch in den kirchlichen Bereichen zentral verankert, so z. B. durch die Enzyklika „Laudato Si – Sorge um das gemeinsame Haus“ von Papst Franziskus (2015).
3. Umweltbewusstseinstudien
In der Umweltbewusstseinstudie von 2002 ( http://www.umweltbewusstsein.de/deutsch/2002/download/umweltbewusstsein2002.pdf ) zeigte es sich, dass zukunftsorientiertes Agieren im Sinne von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit auf breite Zustimmung in der Bevölkerung trifft.
In der aktuellen Umweltbewusstseinstudie von 2014 (alle zwei Jahre wird solch eine Studie durchgeführt), lässt sich immer noch erkennen, dass 30 % der Bevölkerung intakte Umwelt und Natur als Teil eines „guten Lebens“ nennen ( http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Forschung/umweltbewusstsein_2014_factsheet_bf.pdf ).
19% der Befragten sehen den Umweltschutz als eines der aktuell wichtigsten Herausforderungen an. Dieser Wert war in den meisten Studien ähnlich, außer im Jahr 2012. Da lag der Prozentsatz bei 35, was auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima zurückzuführen ist.
In der aktuellen Studie verblüffte, dass der Umweltschutz nicht mehr als „Problem“ angesehen wurde, sondern als Lösung für andere Herausforderungen, wie z. B. Globalisierung meistern (63%), Wohlstand zu sichern (56%).
Die Wertigkeit der Natur wurde durch ständige Veranstaltungen und Fortbildungen in pädagogischen Bereichen (Kindergarten, Schule), Medienpräsenz und politische Bemühungen gefördert und gestützt.
Desweiteren wird bei jungen Menschen (14 – 17 jährigen) die Abkehr von einer Auto-zentrierten Stadt hin zu einer fußgänger- und fahrradfreundlichen Stadt mit einem gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz favorisiert.
Somit erfuhr das Umweltbewusstsein eine neue Ausrichtung – weg von einem Problem, was zu lösen ist hin zu einer Lösung für andere Probleme. Dieses bedeutet, dass emotional die Erhaltung von Natur und biologischer Vielfalt einen höheren positiven Stellenwert eingenommen hat. Es existiert eine größere Bereitschaft umweltschonende und eventuell damit teurere Alternativen zu akzeptieren, um ein „gutes Leben“ zu garantieren.
Der Fokus bei der Bevölkerung liegt auf dem Umwelt- und Klimaschutz. Da dieser Bereich viele technische Neuentwicklungen zum Klimaschutz ermöglicht, ist dies auch der medienwirksamste Teil und wird weltweit umgesetzt (Photovoltaik, Windenergien, Abgaseinrichtungen, …). Wertediskussionen oder auch der Natur einen wirtschaftlichen berechenbaren Wert zu geben, werden immer wieder diskutiert, doch erlangen wenig Beachtung in der Politik, in den Medien und somit auch in der Bevölkerung.
3.1. Neue Dekade: biologische Vielfalt
Wie sich die Wahrnehmung der Umwelt und der Natur zukünftig entwickelt, wird davon abhängig sein, wie die politische und gesellschaftliche Diskussion geführt wird. Da in der UN-Dekade 2011 biologische Vielfalt das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung abgelöst hat, könnte sich der Fokus auf den Erhalt der Biodiversität hin verschieben. Dieses Thema wurde gewählt, da die biologische Vielfalt weltweit und auch in Deutschland stark abnimmt. Um diesen überwiegend durch den Menschen und sein Handeln (z. B. Flächenverbauung, intensive Landwirtschaft mit Pestizid- und Düngerausbringung, Ausrottung von Spezies, die unerwünscht sind, …) verursachten Rückgang aufzuhalten, haben die Vereinten Nationen von 2011-2020 diese neue UN-Dekade ausgerufen. Da Gelder mit dieser UN-Dekade verknüpft sind und viele Umweltstationen und –einrichtungen von Fördergeldern leben, werden die angebotenen Programme vermehrt mit diesem Thema verknüpft sein. So sollen die Menschen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und unserer natürliche Lebensgrundlage sensibilisiert werden.
4. Pädagogischen Ansätzen der Bildungsangebote
4.1. Umweltbildung
Bleiben wir erstmals bei der Umweltbildung. Immer wieder frage ich mich, wie man die Effektivität der Umweltbildung steigern könnte. Denn laut Umfragen möchten über 60% den Erhalt einer intakten Umwelt, jedoch die Handlungen im alltäglichen Leben zeigen eine nur geringfügige Bereitschaft, mehr Geld oder das eigene Konsum-, Mobilitäts- oder Alltagsverhalten zu verändern.
Nähern wir uns dem Bereich zuerst einmal über die Begriffserklärung. Die Umweltbildung hat den Begriff Bildung im Wort. Doch was ist Bildung?
4.1.1. Bildung:
Der moderne Begriff Bildung steht für einen lebensbegleitenden Prozess des Menschen, bei dem geistige, kulturelle und lebenspraktische Fähigkeiten sowie seine persönlichen und sozialen Kompetenzen erweitert werden.
In der Moderne hat sich der Bildungsbegriff dahin entwickelt, dass ein selbstbestimmter und lebensbegleitender Zugang zu Wissen und zur Bildung der Persönlichkeit vorhanden sein soll – also ein reflektiertes Verhältnis zu sich, zu anderen und zur Welt möglich wird, ohne den Aspekt des Materiellen. Jedoch zeigt sich in modernen Debatten rund um den Bildungsbegriff ( Bildungssystem, Bildungsmisere, Allgemeinbildung, Pisa - Studie, … ) immer mehr die Tendenz zu „Optimierung von Lernprozessen“ im Hinblick auf die ökonomisch nutzbringende Arbeit. Der Aspekt von nichtmaterieller Zielsetzung verliert vermehrt an Bedeutung.
Anfänglich war die Umweltbildung auf das kognitive Vermitteln von Inhalten und Zusammenhängen ausgerichtet. Es herrschte die Meinung vor, dass man durch Verbote (dies darfst du nicht betreten, berühre das Tier nicht, etc.) und vermitteln von Wissen Einsicht erreichen kann. Und damit eine Verhaltensänderung des Menschen einhergeht. Jedoch stellte sich heraus, dass dieses Wunschdenken nur wenige Früchte trug.
Deswegen hat sich die Umweltbildung von der reinen kognitiven Bildung zu einer handlungsorientierten Herangehensweise weiter entwickelt. So sprachen sich einige Pädagogen von der Kombination der herkömmlichen Umweltbildung mit reformpädagogischen oder handlungsorientierten Ansätzen aus. Heute wird im direkten Kontakt zur Natur inhaltlich und methodisch systemische (übergreifende) Zusammenhänge vermittelt.
In der Umweltbildung sind verschiedene Schwerpunkte vorhanden. Zum einen der Wissensvermittlung von gesellschaftlichen Herausforderungen und Missständen (Fair Trade, regenerative Energie, Bioverpflegung regional und saisonal, …). Meist werden diese Zusammenhänge handlungsorientiert über Planspiele oder Befragungen etc. vermittelt.
Zum anderen werden Artenvielfalt, ökologische Zusammenhänge, Lebensräume als Exkursionen oder „Draußen-Aktionen“ umgesetzt. Hier wird neben der Wissensvermittlung versucht, eine emotionale Bindung zwischen Mensch und Umwelt aufzubauen.
4.1.2. Umwelt
Diesen Begriff zu erklären, zeigt sich gleich viel schwieriger:
Im biologischen Sinne wurde 1909 „Umwelt“ von dem deutschen Biologen Jakob Johann Baron von Uexküll verwendet. J.v. Uexküll war einer der wichtigsten Zoologen des 20ten Jahrhunderts. Er entwickelte das Grundgerüst der Biosemiotik, die Leben als biologisches Zeichen- und Kommunikationsprozess versteht. In seinem Buch „Umwelt und Innenwelt der Tiere“ (1909) begründet er philosophisch die Biologie als Wissenschaft vom Lebendigen. Der Ausdruck „Umwelt“ wurde bis dahin kaum in der Alltagssprache verwendet. Dieser Begriff ist streng zu unterscheiden von der Umgebung eines Organismus. Umgebung heißt, dass das Lebewesen als Objekt in seiner Umgebung betrachtet wird und damit keine Beziehung eingeht, bei Umwelt wird von gegenseitiger Beziehung gesprochen. Somit gestaltet das Lebewesen seine Umgebung. Die Grenzen sind nicht durch seine Oberfläche (z. B. Haut / Fell) gegeben, sondern durch seine Wahrnehmung, seine Aktivitäten und seine Bewegungen in Raum und Zeit.
Eigentlich würde der Begriff Mitwelt dieses Bild besser verdeutlichen.
Leider wird der Begriff „Mitwelt“ oft im wirtschaftlichen Kontext verwendet (Ishikawa-Diagramm) und steht da im Zusammenhang mit Optimierungsprozessen (Mensch – Maschine – Material – Methode – Milieu / Mitwelt).
Vielleicht erfährt der Begriff „Mitwelt“ eine Umorientierung, wie zuvor der Begriff „Nachhaltigkeit“ auch eine Erweiterung erfahren hat. Erste Anzeichen dafür lassen sich erkennen. Durch das langsame und vorsichtige Verwenden des Begriffes in der Umweltdebatte wird versucht, das Bild der Trennung von Mensch und Natur zu verändert.
Kommen wir nochmals auf den Begriff „Umwelt“ zurück. Es ist wichtig, den Kontext bei der Verwendung zu beachten, da der thematische Schwerpunkt damit variiert.
In der politischen Debatte wird Umwelt seit Ende 1960 eng mit der Ökologiebewegung verknüpft. Synonym verwendet man Natur oder Ökologie. Hier ist oft der Bezug Mensch-Umwelt gemeint. Anfänglich wurden die negativen Einflüsse des Menschen auf seine Umwelt genannt (z. B. Umweltverschmutzung, Umweltpolitik, …). Der Fokus liegt in der Erhaltung der Natur für den Menschen und damit liegt ein anthropozentrisches Lebensbild vor.
In der Nachhaltigkeitsdebatte werden die inter- und intragenerationellen Gerechtigkeitsüberlegungen, verknüpft mit einer tragfähigen ökonomischen Perspektive, hauptsächlich mit dem Fokus des Erhaltens der Umwelt für die nächsten Generationen geführt. Sie sollen eine ähnliche Lebensqualität haben, wie wir sie im Hier und Jetzt vorfinden. Hier ist zu beachten, dass diese Debatte weltübergreifend geführt wird, denn die Auswirkungen z. B. von Klimawandel treffen Afrika in einem ganz anderen Ausmaß als Deutschland.
Die Umweltpsychologie ist eine verhältnismäßig junge Disziplin und befasst sich unter dem Aspekt der Wechselwirkung mit dem Handeln des Menschen und deren Einstellungen zum Schutz der Umwelt.
In der Ethik wird diskutiert, ob die Umwelt an sich einen Wert besitzt und man versucht, eine ökologische Ethik heraus zu bilden. Jedoch fällt es den Menschen schwer, den anthropozentrischen Ansatz zu verändern.
Zwei spirituelle Persönlichkeiten haben sich intensiv mit dieser Verknüpfung von Umwelt und Ethik auseinander gesetzt. Sie beide versuchen der Natur und den darin lebenden Wesen einen Eigenwert zu geben. Zum einen ist das der Dalai Lama mit dem Buch „ Ethik ist wichtiger als Religion“. Primär geht es hier um einen Appell an die Menschheit, sich daran zu erinnern, dass Kooperation und Mitgefühl Grundeigenschaften der Menschen sind. Jedoch spricht er auch davon, dass die Mitwelt auf der gleichen Ebene wie der Mensch zu sehen ist.
Eine zweite wichtige Veröffentlichung ist vom Papst Franziskus geschrieben worden und wurde 2015 veröffentlicht: "Laudato si – Sorge um das gemeinsame Haus". Hier wird im Sinne von Franz von Assis verdeutlicht, dass alles mit allem zusammenhängt und der Mensch die Funktion eines Hüters für die Umwelt hat und nicht die eines Benützers. Seit 2015 wird intensiv im kirchlichen Kontext diskutiert, wie diese Enzyklika in das Alltagsleben umgesetzt werden kann. Im Moment werden die technisch leicht zu realisierenden Lösungen realisiert (Energie, Mobilität, Ernährung), jedoch die damit verbundene Wertediskussion nur fragmentarisch geführt (Verhältnis Mensch – Tiere – Pflanzen – Mitwelt).
4.2. Naturpädagogik
Die Naturpädagogik möchte die, in den Industriestaaten, verloren gegangene Beziehung Mensch – Natur wieder neu knüpfen. Die verschiedenen Herangehensweisen bauen auf positive und emotionale Naturerfahrungen auf, als Basis für eine emotionale und verantwortliche Beziehung zur Natur. Ziel ist es, dass die Werte des Lebendigen, also der Mitwelt über denen des persönlichen Komforts und Eigennutzen stehen. Für das Erreichen der emotionalen Beziehung ist ein „nach Draußen“ gehen und erleben von natürlichen Zusammenhängen, Artenvielfalt oder ökologischen Zusammenhängen essentiell. In vielen Grundschulen werden ökologisch orientierte Exkursionen zu lernrelevanten Themen (z. B. Wald, Wasser, Hecke, Wiese) angeboten. Die Kinder bekommen Wissen vor Ort vermittelt – ob in den halbtägigen Veranstaltungen auch eine emotionale Bindung aufgebaut werden kann, ist fraglich. In den Ferien werden längere Camps draußen angeboten, wo Kinder durch unterschiedliche Aufgaben den Wert der Natur erfahren sollen.
Eine Institution, die dieses Prinzip verwirklicht, ist der Waldkindergarten. Zwar wird hier wegen dem Alter der Kinder der kognitive Aspekt nur wenig eingebracht, doch über die sensorischen Erfahrungen möchte man hier eine emotionale Bindung zur Natur erreichen.
4.3. Wildnispädagogik
Auf einem anderen Fundament basiert die Wildnispädagogik, die neben der Stärkung des emotionalen Bandes zwischen Mensch und Natur auch die Lebenskonzepte von ursprünglichen Bevölkerungen beleuchtet und die dahinter liegenden Werte aufzeigt. Vermittelt wird hier über den direkten Kontakt mit der Natur als Lebensgrundlage – man kann auch sagen als achtsames Überleben in der Natur.
Der Begriff „Wildnispädagogik“ wurde hier in Deutschland geprägt. Entstanden ist dieser aus den Lehren von Tom Brown jr. (geboren 1950), der eine „Wilderness and Survival School“ in New Jersey leitet. Diese Schule wurde 1978 von Tom Brown im Alter von 28 Jahren gegründet. Aus seiner Vision heraus hat sich die Wildnisbewegung weltweit ausgebreitet und umfasst alleine in Deutschland nun mehr als 35 Wildnisschulen. Parallel dazu entstand in Waldbildungseinrichtungen, die den Schwerpunkt auf den Fokus „den Wald sich selber überlassen“ legen, eine Naturpädagogik, die die Bildungsansätze von Natur- und Umweltbildung vereinen. Auch sie fassen ihre Programme unter den Begriff Wildnispädagogik zusammen.
4.3.1. Tom Brown jr.
Tom Brown jr. ist in Nordamerika einer der bekanntesten Tracker (Spurensucher), Naturmensch und Lehrer über Wildniswissen. Nach 10jähriger Lernzeit mit Stalking Wolf einen Apache-Indianer über Spurenkunde, Überlebenswissen, Wahrnehmung, Achtsamkeit und Erdspiritualität starb Stalking Wolf in hohen Alter. Tom wurde nicht wie wir unterrichtet, sondern nach der traditionellen Art der Naturvölker. Diese Art des Lehrens wird auch Coyote-Mentoring genannt.
Er verbrachte jede freie Minute mit StalkingWolf, den Tom immer Grandfather nennt, in den Wäldern der Pine Barrens. Großvater führte seinen Schüler durch gelenktes Interesse, durch die Werkzeuge von Neugierde, Ausdauer und eigenem Erleben dahin, sich so gut in der Natur auszukennen und sich so selbstverständlich darin zu bewegen wie wir zu Hause in unseren Wohnzimmern. Die Mitwelt wurde für ihn zur vertrauten Heimat.
In den nächsten 10 Jahren verbrachte Tom Brown jr. immer wieder längere Zeit in der Wildnis von Amerika ohne Zivilisationsgegenstände, teilweise sogar ohne ein Messer. Dadurch verfeinerte er sein Survivalwissen in unterschiedlichen Klimaregionen (Wüste, Wald, Steppe, …) und erweiterte er seine erdverbundene Spiritualität, indem er den Austausch über Spiritualität und Erdverbundenheit mit allen Personensuchte, die er während seiner Reisen traf. Jedoch betont er immer wieder, dass die größte Lehrerin die Natur selber sei.
Nach dieser Wanderzeit wollte er sein Wissen weiter geben, jedoch stieß er auf wenig Interesse in der USA. Er fühlte sich verwirrt und verloren in der Zivilisation, bis ein örtlicher Scheriff ihn bat, bei einer Vermisstensuche zu helfen. Tom fand die Person und in den nächsten Jahren erwarb er sich einen ausgezeichneten Ruf als Tracker und fand auch seine Vision. Weltweit wurde er bei schwierigen Vermisstensuchen hinzu gerufen. Er schrieb über seine Erfahrungen ein Buch, dass „the Tracker – der Fährtenleser“ heißt und 1978 veröffentlicht wurde. Wirklich bekannt wurde er durch die Veröffentlichung in Reader´s Digest. Diese Veröffentlichung liegt ca. 30 Jahre zurück und heutzutage ist seine Schule eine der größten Wildnisschulen weltweit mit den vielfältigsten Angeboten an Ausbildungskursen. Tom Brown jr. hat mehr als 16 Bücher veröffentlicht mit den Themen Spurenkunde, Wahrnehmung, Naturbeobachtungen, Wildniswissen, Scoutweisheit, Biographie von Stalking Wolf und verschiedene Themen über Spiritualität und Visionen.
Seit ein paar Jahren kommen Schüler von Tom Brown jr. immer wieder nach Deutschland und unterstützen durch ihre Kurse und Seminare das Wachsen der deutschen Wildnisbewegung. Einer der bekanntesten ehemaligen Schüler von Tom Brown jr. und heutiger Lehrer in Deutschland ist Jon Young.
4.3.2. Jon Young
Jon Young ist 1960 geboren worden in New Jersey und wurde mit 10 Jahren zum Schüler von Tom Brown jr.. Tom hatte eine Vision, dass er einen Jungen mit einer Schildkröte an der Angel finden würde und dieser wäre sein erster Schüler. Jon sagte öfters, dass er eigentlich von Tom gefunden worden ist und er im Grunde nicht Tom als Lehrer gesucht hatte. Tom unterrichtete Jon Young so, wie er von Stalking Wolf unterrichtet wurde – mit den Methoden des Coyote Teaching. In den sieben folgenden Jahren, die sich für Jon wie ein großes Abenteuer anfühlte, erlangte er ein tiefes Wissen über Natur, ohne jemals einen dozierenden Vortrag von Tom gehört zu haben. Jedoch trennten sich die Wege von Jon und Tom nach dieser Zeit und Jon suchte nach seiner Lebensaufgabe. Eine Episode (die Jon gerne während seinen Teachings erzählt) war, dass nach ein paar Jahren Tom Jon fragte, ob Jon ihn in seiner Wildnisschule bei einem Kurs unterstützen möchte. Jon war baff erstaunt, dass Tom eine Wildnisschule hatte, da er während seiner Lehrzeit den Eindruck erhalten hatte, dass Tom nichts wisse. Jon sagte zu und erkannte erst dann, wie viel Wissen Tom hat und wie er von Tom unterrichtet worden war.
Um diese Kunst des Lehrens zu verstehen, studierte Jon später Ökologie und Anthropologie und verbrachte viel Zeit mit Ältesten (dies sind Menschen, die in ihren Gemeinschaften den Weisenstatus haben und hatten) unterschiedlicher Naturvölker. Er erforschte lange die „unsichtbaren Schule“ der Naturvölker und fand 36 Elemente, die kulturell in die Lehrmethoden eingebaut sind, um die Entwicklung der Kinder zu steuern.
Mit diesem Wissen gründete Jon 1983 in New Jersey die Natur- und Wildnisschule „Wilderness Awareness“ (www.wildernessawareness.org). Mittlerweile ist diese Schule im US-Bundesstaat Washington. Eine große Unterstützung erfuhr er von einem damals 70-jährigen britischen Ältesten, namens Ingwe, der in Kenia mit dem Volk der Akamba aufgewachsen war. Die Naturverbundenheit und Ingwes Wissen über die „unsichtbare Schule“ bereichern die Kurse und Seminare.
Jon sucht immer wieder Älteste aus unterschiedlichen Nationen auf, um tiefer in die Weisheit des Coyote Teaching einzudringen. Hier sind nur ein paar genannt: Lakota-Medizinmann Gilbert Walking Bull, der Mahawk-Häuptling Jake Swamp und seine Frau Judy und der Odawa-Peacemaker Paul Raphael. Manche seiner Lehrer kommen auch nach Deutschland, um die Lehren allen zugänglich zu machen. Jon Young hat im Buch Coyote Teaching diese Erkenntnisse zusammengefasst und veröffentlicht. (Handbuch für Mentoren / Mit dem Coyote-Guide zu einer tieferen Verbindung zur Natur: Grundlagen der Wildnispädagogik).
Inzwischen hat das 8-Schilde-Modell für kulturelles Mentoring weltweit die Wildnisschulen inspiriert und beeinflusst. Doch die Lehren entfalten die Wirkung nicht nur im Bereich Naturverbindung, sondern können auf alle Lebensbereiche übertragen werden – sei es in den Arbeitsalltag, Gemeinschaftsleben, Firmenführung oder in den persönlichen Bereich des Lernens. Damit werden die Lernräume so gestaltet, dass sich alle Beteiligten wohl fühlen und die eigene Kreativität bestmöglich entwickeln können.
Auf Einladung einer deutschen Wildnisschule, initiiert wurde die Idee von mir, war Jon Young 2004 zum ersten Mal nach Deutschland gekommen und hat durch ein 5-jähriges Mentoring die deutschen Wildnisschulen und die interessierten Schülerinnen und Schüler von Tom Brown jr. mit den kulturellen Elementen vertraut gemacht und vereinigt. 2009 folgte Jon zum ersten Mal der Einladung nach Österreich, 2010 nach Großbritannien und 2011 nach Schottland.
4.3.3. Auswirkungen
In der Wildnispädagogik wird mit der Erfahrung eines naturverbundenen und achtsamen „Über“-lebens mit der Natur gearbeitet. Diese direkte Erfahrung von „sich sorgen für Unterkunft, Nahrung, Wasser und Wärme“ macht bewusst, was die Lebensgrundlage ist und dass alles, was wir in unserem modernen Alltag benützen, aus der Natur kommt. Dadurch erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Selbstwirksamkeit und das Eingewoben sein in die Kreisläufe der Natur. Da die Beteiligten Tag und Nacht draußen sind, wird das heimisch werden verstärkt.
Weil ein ursprüngliches Leben langsamer ist wie das moderne Leben (Wasser und Essen kochen über dem Feuer, Schleichen, Sammeln von Kräutern, etc.) erfahren die Beteiligten die Wohltat der Verlangsamung. Diese, für unsere Seele nährende Geschwindigkeit wurde in dem Buch „Der Biophilia-Effekt“ von Clemens G. Arvay 2016 wissenschaftlich belegt. Neben der positiven seelischen Auswirkung der Verlangsamung und der positiven gesundheitlichen Auswirkung durch die Terpene der Bäume und der Natur an sich (Der Biophilia-Effekt“ von Clemens G. Arvay 2016) wird durch das kulturelle Mentoring das Leben in Gemeinschaften vermittelt.
Bei der Gestaltung der Weiterbildungen in Wildnispädagogik fließen die Lehren des Coyote-Teaching ein und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren sich als Teil einer Gemeinschaft. Sie bekommen für jeden Kurs Aufgaben, die verdeutlichen, was es heißt nach den kulturellen Elementen zu lehren und in der Gemeinschaft zu agieren.
Da alle Erlebnisse direkt erfolgen – also in direktem Kontakt zur Natur und zu Menschen, sind die gemachten Erfahrungen eindrücklich. Durch tägliche Redekreis- und Austauschrunden werden das Erleben bewusst gemacht und kann so zu intensiven Erlebnissen führen. Lernen findet bei diesem Modell immer statt – meist jedoch auf unterschwelliger Art. Aus der Erfahrung meiner vielen Wildnispädagogik-Ausbildungen kann ich berichten, dass bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Wertewandel hin zu einem nachhaltigen Lebensstil stattgefunden hat. Auch bekomme ich oft die Rückmeldungen, dass diese Ausbildung mit der Verlangsamung ihnen so gut getan hat, dass sie öfters nun in der Natur unterwegs sind, sich bewusster mit dem Lebensumfeld auseinander setzten und Unterstützung bei Entscheidungen durch ihre Naturverbindung erfahren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fühlen sich mehr verwurzelt in ihrem Lebensumfeld und können für das eigene Wohlbefinden sorgen. Auch erfahren sie sich selbstwirksamer.
5. Erlebnispädagogik
5.1. Begriffserklärung
„Die Erlebnispädagogik lehrt mit Herz, Hand und Verstand“ (Jörg W. Ziegenspeck; 1941; Erziehungswissenschaftler). Das ist ein vielgebrauchter Slogan in der Erlebnispädagogik. Den ursprünglichen Spruch „Kopf, Herz und Hand“ hat Johann Heinrich Pestalozzi (1746 – 1827) geprägt. Er gilt als Vorläufer der Anschauungspädagogik, die später den Grundstock für die Reformpädagogik bildete. Die Reformpädagogik befasst sich mit verschiedenen Ansätzen zur Reform von Schule, Erziehung und Bildung.
Pestalozzis Konzept wird als ganzheitlicher (alle Sinne ansprechender) Ansatz beschrieben, der handlungsorientierte (etwas machen) Konzepte als integrativen Bestandteil der Pädagogik sieht. Später entwickelte sich in der Reformpädagogik sein Slogan weiter zu einem Lernen mit allen Sinnen: Lernen mit Verstand (kognitiv), Gemüt (emotional) und Körper.
Dieser Slogan verdeutlicht, dass in der Erlebnispädagogik ein ganzheitliches Lernen, bei dem der Mensch mit „Herz, Hand und Verstand“ lernt, im Zentrum steht. Diese Pädagogik bedient sich der Form des Erlebnisses, das unbewusst Wirkung auf das Verhalten, auf Einstellungen und das individuelle Wertesystem hat. So ist das Erfahrungslernen das Grundprinzip des erlebnispädagogischen Lernens, mit dem Ziel, Persönlichkeitsentwicklung zu initiieren, soziale Kompetenzen und Charakterförderung zu stärken und die Erziehung zum verantwortungsvollen Denken und Handeln zu unterstützen.
5.2. Erleben - Erlebnis
Bei der Erlebnispädagogik steht das Wort „Erleben“ im Zentrum. Im pädagogischen Wörterbuch wird Erlebnis folgendermaßen definiert: „Erlebnis ist das Bewusstwerden, Gewahrwerden, Innewerden von körperlichen und seelischen Zuständen. Es handelt sich dabei um psychische Vorgänge, meist gefühlsmäßiger, affektiver Art, von besonderer Unmittelbarkeit und Einmaligkeit." Dies sagt aus, dass ein direktes Erleben notwendig ist mit einem darauffolgenden Reflexionsprozess, um von einem Erleben zu einem Erlebnis zu gelangen ( http://www.schule-bw.de/unterricht/paedagogik/erlebnispaedagogik/korsika/erlebnispaed.htm ).
Eine große Schwierigkeit ist jedoch, dass Erleben individuell ist, und für den einen Menschen ist die vorgegebene Aufgabe ein großes Erlebnis und löst soziales Lernen aus, bei dem anderen ist es eine Lappalie und bewirkt nichts. Allerdings wird das unterschiedliche „Erleben“ der Aktion durch die Reflexion in der Gruppe allen bewusst. So hat auch die Person, für die die Aufgabe eine Lappalie war, die Möglichkeit, an den Erkenntnissen der anderen Person teilzuhaben und dadurch zu lernen.
Die Erlebnispädagogik setzt die Begegnung in der Gruppe als wesentliches Mittel zur Förderung von sozialen Kompetenzen ein und wirkt so dem Trend der „Entfremdung“ zwischen Menschen, Tieren und Pflanzen entgegen.
Die Gruppenerfahrungen bieten eine gute Voraussetzung für soziales Lernen. Meist schafft die Reflexion der Gruppenaktionen neben dem Erlernen von sozialen Fähigkeiten gleichzeitig die Möglichkeit für individuelles Lernen.
5.3. Erlebnispädagogik heute
Die Erlebnispädagogik ist gerade im Zeitalter der medialen Vermittlung von Wissen und der Medialisierung der Freizeit aktueller als früher. Ein direkter Kontakt zwischen Menschen fällt zunehmend schwerer, da reale Begegnungen zwischen Menschen seltener werden. Viele Jugendliche und Erwachsene verbringen mehr Zeit vor dem Computer oder mit dem Handy als vor 10 Jahren ( JIM Studie 2015 ).
Die Einsatzfelder der Erlebnispädagogik sind vielfältig, darunter
- Jugendhilfemaßnahmen
- Sonderpädagogik
- Therapieformen
- Managementtraining
- Persönlichkeitsentwicklung
- Schulaktionen
- …
Die unterschiedlichen Einsatzfelder zeigen deutlich, wie breit das Spektrum des Trainings sozialer Kompetenzen ist. In der Jugendarbeit wird meist mit verhaltensauffälligen jungen Menschen gearbeitet – sei es in erlebnispädagogischen Einzelprojekten oder in der Drogenhilfe. In der Unternehmenswelt werden erlebnispädagogische Aktionen für eine Optimierung der Teamarbeit, als Incentive oder für große Betriebsveranstaltungen eingesetzt. So sind z. B. im Zuge der Teamentwicklung und des Führungskräftetrainings viele Hochseilgärten entstanden.
Die meisten Schullandheime und Jugendhäuser bieten eigene erlebnispädagogische Aktionen an, um den Klassenzusammenhalt zu fördern.
5.6. Soziales Lernen
Soziale Lernfelder für die Gruppe und somit auch für den einzelnen Menschen können sein:
- Kommunikation
- Kooperation
- Fremd- und Selbstwahrnehmung
- Empathie (Einfühlung)
- Zeitmanagement
- Führen und geführt werden
- Vertrauen
- Nähe und Distanz
- Teamarbeit
- …
5.7. Entwicklungen in der Erlebnispädagogik
In den letzten Jahren sind Hochseilgärten und Angebote im touristischen Bereich mit Erlebnischarakter wie Pilze aus dem Boden geschossen. Hochseilgärten werden zum einen in der beruflichen Personalentwicklung eingesetzt, zum anderen auch als Aktivität in der Freizeit. Bei der zweiten Einsatzmöglichkeit und bei den ganzen „Erlebnisangeboten“ ist es fraglich, ob diese noch irgendetwas mit Pädagogik zu tun haben. Jedoch scheint der Begriff „Erlebnis“ sehr im gesellschaftlichen Trend zu liegen.
Da viele unterschiedliche Aktionen (Bergwandern, Klettern, Kanufahrten, Höhlenbegehungen, Erlebnispädagogik in der Stadt, Kooperationsaufgaben,…) für die Erlebnispädagogik benutzt werden können, findet man Erlebnispädagogik in allen Bereichen der pädagogischen und psychologischen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Recht häufig ist diese Art in der Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen anzutreffen.
So gab es ein langjähriges erlebnispädagogisches Projekt in der Schweiz, das Jugendliche bei dem Ausstieg aus der Drogenkariere unterstützte. Die Rückfallquote war geringer als bei den konventionellen Programmen. (Flückiger, Schüepp; Die Wildnis in mir: Mit Drogenabhängigen in den Wäldern Kanadas).
Heutzutage kann man Ausbildungen in systemischer Erlebnispädagogik, in beruflicher Erlebnispädagogik, Erlebnispädagogik in der Jugendarbeit etc. bei vielen unterschiedlichen Anbietern absolvieren.
6. Ziele der Umweltbildung, Naturpädagogik, Erlebnispädagogik und Wildnispädagogik
Alle Ansätze möchten erreichen, dass der Mensch sich als verantwortlicher, gleichberechtigter Teil des Ökosystems Erde erfährt und er nachhaltige Entscheidungen in allen Lebensbereichen fällt. Es soll nicht nur Interesse und Freude an der Natur geweckt werden, sondern auch die Auswirkungen des eigenen Handelns auf das Ökosystem Erde verdeutlicht werden – die Wechselwirkungen Mensch – Natur – Ressourcen und Mitmenschlichkeit ist das zentrale Thema. Nach der Tiefenökologie von Joanna Rogers Macy (1929 geboren) ist der Mensch tief mit der Erde verwoben und wie der Mensch mit der Erde umgeht, hat es auch Auswirkungen auf den mitmenschlichen Kontakt. Man könnte dies unter dem Schlagwort fassen: Respekt und Achtsamkeit vor allem Lebendigen.
Ursprünglich war der Gleichwertigkeitsaspekt auch zentral in der Erlebnispädagogik verankert, jedoch im Laufe der Zeit entwickelte sich in der Erlebnispädagogik der Fokus auf die Förderung der sozialen Kompetenzen. So wurden Teamtraining, Kooperationsaufgaben und Abenteueraufgaben entwickelt, die den Menschen und die Gruppe in Zentrum stellt/stellte. Neuerdings lassen sich auch wieder Tendenzen erkennen, die die Natur als gleichwertigen Partner in das Konzept mit einbezieht.
7. Mögliche Arbeit in den Umweltbildungsfeldern
Ich wollte Ihnen verdeutlichen, dass der Faktor Umwelt- und Naturschutz in den letzten Jahren extrem an Bedeutung gewonnen hat. Die Menschen sind für dieses Thema sensibilisiert worden und die Staaten haben erkannt, dass ein gemeinsames Handeln notwendig ist – denn die Menschheit hat nur diesen einen Planeten zur Verfügung und einige zukünftige Herausforderungen stehen an (Welternährung, Klimaschutz, Biodiversität, …), die global gemeistert werden sollen. So gehe ich davon aus, dass Natur und Umwelt für uns alle in den kommenden Jahren ein zentrales Thema sein wird. Ein wichtiger Punkt ist Klimaerwärmung und den damit verbundenen Folgen – Lebensmittelknappheit, Verlust von Lebensraum, Wüstenbildung von Landstrichen, Wirtschaftsflüchtlinge, etc. ( http://www.de-ipcc.de/_media/Kernbotschaften%20IPCC%20AR5%20SYR.pdf ). Diese Veränderungen verlangen natürlich von uns allen Anpassungen bei unserem aktuellen Lebensstil und auch bei den eigenen Werten. So eröffnet sich ein Arbeits- und Handlungsfeld, dass in pädagogische Angebote umgesetzt werden kann.
Autor: Dr. Barbara Deubzer
Wir-Kinder der Erde